Unser derzeitiger Unternehmenswert lautet „Shape Ahead“ und beschreibt vor allem, wie sich alles um uns herum ständig im Wandel befindet und wir uns dementsprechend anpassen bzw. voraussschauend die Zukunft gestalten. Was gäbe es da Besseres zu erzählen, als die Geschichte von dem Internet in den Kinderschuhen und wie eine Handvoll Menschen mit Bits und Bytes die Zukunft erfunden hat.
Jubiläum, schon wieder
Vor ca. genau 40 Jahren wurde das gemütliche Deutschland vermeintlich aus dem analogen Tiefschlaf aufgeschreckt, als auf einmal der erste digitale Brief die Republik erreichte. „Sie haben Post!“ lärmte es schrill im Keller des Hauptgebäudes für den Fachbereich Informatik an der Universität Karlsruhe (heute KIT) . Und schon war die digitale Zeit angebrochen.
Naja, so oder so ähnlich wird es heute und vor 10 und 20 Jahren öffentlichkeitswirksam gerne verkauft, wenn man über diese „erste deutsche E-Mail“ spricht, die damals, am 3. August 1984 auf einem kühlschrankgroßen Server landete. Aber es machte wohl eher „Pliiing“ aus dem Blechgehäuse und völlig unerwartet war dieser erste Posteingang natürlich auch nicht. Doch wie kam es dazu?
Der Michael Collins des KIT?
Kennt ihr Professor Zorn? Nein, das ist kein Schurke aus dem Marvel oder DC-Universum, sondern das war der damalige Leiter des Rechenzentrums und Professor an der Karlsruher Universität (TH). Dieser Held Mann war für die Vorarbeit verantwortlich, denn bereits 1982 hat er dem Bundesforschungsministerium mit seinem Antrag „Interkonnexion von Netzen“ vorgeschlagen, das Deutsche Forschungsnetz (DFN) an das amerikanische CSNET anzuschließen. Wenn man heute von der ersten deutschen E-Mail liest, taucht dieser Name des Professors meist gar nicht mehr auf, sondern nur der seines Mitarbeiters, Michael Rotert, an den die berühmte E-Mail adressiert war. Ein bisschen so, wie bei der Mondlandung nur in der Rakete zu sitzen und seinen Freunden beim Hüpfen und Springen zuzusehen.
CSNET
Doch zurück zu den Fakten. Dieses eben erwähnte Akronym CSNET stand für „Computer Science Network“, wurde schon im Jahr 1981 in den USA in Betrieb genommen und stellte ein akademisches Computernetz dar, das von der National Science Foundation (NSF) gefördert wurde. Es verband mehrere Hochschulen in Nordamerika und sollte die interuniversitäre Kommunikation sowohl national als auch international vereinfachen. Daher wird das CSNET auch gerne als „erstes Internet“ bezeichnet, da es die Kommunikationsprotokolle nutzte, die denen des heutigen Internets entsprechen.
Mitgestalter für dieses Computer Science Network war ein Mann namens Lawrence Landweber, der das erste Führungsteam geleitet hat, welches schließlich für den Ausbau dieses Netzwerkes verantwortlich war. Bis 1981 waren drei Standorte angeschlossen: University of Delaware, Princeton University und Purdue University. Bis 1982 wurden 24 Standorte angeschlossen, die bis 1984 auf 84 Standorte anwuchsen, darunter einer in Israel. Als zweites weiteres Land wurde Deutschland angeschlossen. Bald darauf wurden Verbindungen zu Informatikabteilungen in Australien, Kanada, Frankreich, Korea und Japan hergestellt. CSNET verband schließlich mehr als 180 Einrichtungen.
Die erste E-Mail!
Am 3. August 1984 um 10:14 Uhr kam also die E-Mail mit der Bestätigung, dass die Informatiker der Universität Karlsruhe als Erste in Deutschland nun offiziell am grenzübergreifenden Wissenschaftsnetzwerk CSNET angeschlossen waren. Hurra!
Absenderin war Laura Breeden vom Administrationsbüro des CSNET in Boston, Massachusetts. Verschickt wurde sie am 2. August 1984, 12:35 Uhr US-amerikanischer Zeit:
„Michael, this is your official welcome to CSNET“, lautete die Nachricht an Rotert und Zorn. “We are glad to have you aboard”.
Moment mal. Verschickt am 2. August und empfangen am 3.? Ich weiß, da gibt es Zeitzonen dazwischen und so, aber das kommt doch nicht hin..? Die zeitliche Verzögerung beim Postausgang und Posteingang ergab sich daraus, dass Breedens E-Mail über mehrere Server weitergeleitet wurde. Mehr als 24 Stunden brauchte es, um schließlich im sogenannten CSNET-Relay anzukommen. Dort wurden die Mails gesammelt und dann von Karlsruhe aus abgerufen. Heute undenkbar und damals ein Meilenstein.
Die erste E-Mail?
Auch, wenn es heute wieder häufig zu hören sein wird, dass vor 40 Jahren in Karlsruhe die erste E-Mail eingetrudelt ist, sollte man kurz erwähnen dürfen, dass bereits vor dem 2. August 1983 digitale Kommunikation stattgefunden hat. Der „Erfinder“ der E-Mail, Ray Tomlinson, hat bereits im Jahr 1971 die erste elektronische Post verschickt und das @-Zeichen darin beschrieben und erklärt. Die Übermittlung von digitalem Briefverkehr mittels UUCP (Unix to Unix Copy Protocol) wurde somit bereits in den 70er auch von irgendwelchen enthusiastischen Privatleuten genutzt, die sich (verbotenerweise) über Telefonmodems mit Leuten aus den USA „unterhalten“ haben. Was damals in Westberlin so vonstattenging, wusste niemand und niemanden hat es interessiert 😊
Internet E-Mail
Man kann aber getrost weiterhin behaupten, dass die erste E-Mail über das offene Internet in Karlsruhe empfangen wurde. Diese Nachricht war mehr als nur eine technische Errungenschaft; sie symbolisierte den Beginn einer neuen Ära der globalen Kommunikation.
Heute, 40 Jahre später, ist das Internet aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. E-Mails sind zu einem grundlegenden Kommunikationsmittel geworden, und das Internet hat sich zu einer unverzichtbaren Plattform für Informationsaustausch, Handel und soziale Interaktion entwickelt. Das Jubiläum des Empfangs der ersten deutschen Internet E-Mail in Karlsruhe zeigt eindrucksvoll, wie weit wir gekommen sind und wie wichtig technologische Pionierarbeit für den Fortschritt unserer Gesellschaft ist.
Spam!
Doch bei all dem Feiern und der Anerkennung lasst uns nicht vergessen, was heutzutage einen Großteil von weltweiten E-Mails ausmacht. 46,8% des E-Mail Verkehrs besteht aus Spam-Mails. Vielleicht sind aber diese Spam-Mails der Preis, den wir für die Bequemlichkeit und Effizienz der E-Mail-Kommunikation zahlen müssen. Schließlich würde niemand einen handgeschriebenen Brief von einem nigerianischen Prinzen ernst nehmen, oder?